Die traditionelle Waldbewirtschaftung ist auch heute noch auf die Maximierung einer kontinuierlichen Holzproduktion ausgerichtet. Sie hat zu einer Verringerung der strukturellen Heterogenität, des Totholzvolumens und der Verfügbarkeit von Mikrohabitaten und damit auch der Artenvielfalt geführt. Dies gilt umso mehr für die xylobionte Biodiversität, d.h. für die Arten, die zumindest in einem Stadium ihres Lebenszyklus zwingend auf totes Holz oder auf andere totholzgebundene Organismen angewiesen sind. Diese oft vernachlässigte Artengruppe macht bis zu 30 % der biologischen Vielfalt im Wald aus. Aus Sorge um den Erhalt dieser Organismen hat das Ministerkomitee die Empfehlung R (88) 10 zum Schutz xylobionter Organismen und ihrer Biotope an die Mitgliedstaaten erstellt. Diese Empfehlungen werden in Wirtschaftswäldern jedoch nur sehr selten in die Praxis umgesetzt, da es an den betrieblichen Rahmenbedingungen mangelt, die die wirtschaftliche Machbarkeit und Nachhaltigkeit der Totholzanreicherung aufzeigen können.
Die Bemühungen um den Erhalt der biologischen Vielfalt in Wäldern beruhen meist auf segregativen Ansätzen (d.h. die Ausweisung von Gebieten), die isolierte Schutzgebiete schaffen, eingebettet in eine Umgebung aus genutzten Wäldern, die oft intensiv bewirtschaftet werden. Da Schutzgebiete oft nicht miteinander verbunden sind, ist es unerlässlich, Schutzmaßnahmen in Wirtschaftswälder zu integrieren. Allerdings wird diesen Empfehlungen außerhalb von Schutzgebieten kaum Beachtung geschenkt, da strukturierte Analysen fehlen, die die wirtschaftliche Nachhaltigkeit von Erhaltungsmaßnahmen aufzeigen.
Problemstellung
Das Projekt zielt auf die folgenden Punkte ab, die immer noch die Erhaltung seltener und gefährdeter Waldformen in Wirtschaftswäldern bedrohen:
Holzproduktion und Brennholzernte haben die Totholzbestände weltweit beeinträchtigt und die Lebensräume, die Totholz bietet, reduziert. Baum-Mikrohabitate sind Strukturen, die sich auf natürliche Weise an großen alten Bäumen entwickeln und die eine einzigartige und bedeutende Anzahl von Arten beherbergen. In Wirtschaftswäldern werden die Bäume jedoch geerntet, bevor sie das Stadium erreichen, in dem sie Mikrohabitate entwickeln können.
Die genannten Umweltprobleme sind auch in der Europäischen Forststrategie enthalten. Diese erkennt an, dass es neuer Rahmenbedingungen bedarf, um sicherzustellen, dass die Wälder in der EU mit ihrem multifunktionalen Potenzial auf nachhaltige und ausgewogene Weise behandelt werden. So können sie ihre lebenswichtigen Ökosystemleistungen erbringen.
Ziele
Das Hauptziel des LIFE SPAN-Projekts ist es, Managementkonzepte zu entwickeln und zu testen, die durch die Integration bereits vorhandener Ansätze die biologische Vielfalt im Wald erhalten können. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf xylobionten Arten. Managementlösungen, die auf die Erhaltung von Lebensräumen und Arten von gemeinschaftlichem Interesse in Verbindung mit Totholz abzielen, werden durch einen innovativen Forstplanungs- und Managementansatz umgesetzt und überwacht. Dabei wird stets auf die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen Eingriffe geachtet.
Das Hauptwerkzeug des Projekts ist das Saproxylic Habitat Network (SHN), das die Vernetzung zwischen Natura 2000-Gebieten und/oder anderen Schutzgebieten steigern wird, indem es Saproxylic Habitat Sites (SHS) im umgebenden Wirtschaftswald schafft. SHS fungieren als Trittsteine und werden die Verknüpfungen in den Schutzgebietsnetzwerken entscheidend verbessern.
Für jeden SHS werden die unten aufgeführten Maßnahmen geplant, um die lokale Artenvielfalt zu erhöhen:
Die Durchforstung jedes SHS wird die horizontale und vertikale Struktur des Waldes verändern und potenzielle Altbäume (d.h. zukünftige Habitatbäume) begünstigen. Außerdem wird die Menge und Vielfalt an Totholz erhöht, auch mit Kronenmaterial und Stümpfen.
Das SHN ist ein Werkzeug für eine multifunktionale, nachhaltige Forstwirtschaft, das ökologische, ökonomische und soziale Belange auf der gleichen Fläche vereint. Wirtschaftswälder werden vom SHS in Bezug auf den Kohlenstoffspeicher, den Nährstoffkreislauf, die Baumverjüngung und die biologische Vielfalt profitieren. Somit tragen Sie auch zum ökologischen Ausgleich bei, mit einem „Nettogewinn“ an biologischer Vielfalt in der Artenzusammensetzung und Lebensraumstruktur. Die Verbesserung der Ökosystemleistungen in Bezug auf Holz- und Bioenergieproduktion, landschaftliche und touristische Attraktivität, Erhaltung der Biodiversität, Kohlenstoffspeicherung und -bindung werden erfasst und bewertet, was die Eignung des Ansatzes bestätigt.
Im Bewusstsein der Sensibilität des behandelten Themas wird besonderes Augenmerk auf Verbreitungs- und Schulungsaktivitäten gelegt. So werden alle interessierten Beteiligten, private wie öffentliche, in die Diskussion und den Austausch der Projektergebnisse einbezogen. An diesem partizipativen Prozess werden auch Schüler*innen und Studierende sowie Forsttechniker*innen und Waldarbeiter*innen teilhaben. So wird die Grundlage für die Entwicklung von Richtlinien und anderen Instrumenten geschaffen, die die Aktivitäten des LIFE SPAN-Projekts übertragbar und allgemein anwendbar machen.